Akutes Beatmungsproblem

Ruf nach Hilfe, Airway-Wagen, Ultraschall und Tracheotomie-Set.

Bei Kreislaufstillstand, beginne mit Herz-Lungen-Wiederbelebung, beauftrage zwei Mitarbeiter mit der Herzdruckmassage, dann suche weiter nach der zugrundeliegenden Ursache.

Diskonnektiere den Patienten vom Beatmungsgerät und lass ihn ausatmen.

Beutel-Beatmung mit 100% Sauerstoff und PEEP-Ventil, 10 Atemzüge/Min., aber keine Verzögerung, wenn das PEEP-Ventil nicht sofort verfügbar ist.

Ist in der Kapnographie CO2 in der Ausatemluft nachweisbar?
Luftaustritt aus dem Mund oder Rachen?

Bei hohen Beatmungsdrücken Bronchoskop (bevorzugt) einführen, alternativ einen Tubuswechselstab, einen Bougie oder einen Absaugkatheter, um eine Tubusverlegung auszuschließen.

Ggf. Reintubation falls der Tubus nicht sicher durchgängig und korrekt positioniert ist.

Suche mit Ultraschall einen Pneumothorax und behandle ihn ggf. mit Entlastungspunktion oder einer Fingerthorakostomie.

Wenn kein Pneumothorax vorliegt, überprüfe die Liste der häufigsten Ursachen.


Symptome von Beatmungsproblemen

  • Plötzlicher Abfall von SaO2 bzw. PaO2: meist Sekretverlegung, aber auch alle anderen unten genannten Probleme.
  • Abfall von Tidalvolumen (bei druckkontrollierter Beatmung) bzw. Anstieg der Beatmungsdrücke (bei volumenkontrollierter Beatmung),
  • Luft-Leckage, klinisch erkennbar durch Luftaustritt aus dem Mund oder seltener aus dem Tracheostoma,
  • plötzlicher Blutdruckabfall bei beatmeten Patienten.

Häufige Ursachen für Beatmungsprobleme

Geräteproblem

  • Diskonnektion,
  • falsche Geräteeinstellung,
  • fehlende O2-Versorgung,
  • Gerätedefekt,
  • viele andere Möglichkeiten.

Indem man den Patienten von Hand mit dem Beutel beatmet, kann man diese ganze Problemkategorie ausschalten und ggf. in Ruhe einen kompletten Gerätecheck durchführen. Außerdem bekommt man durch die Hand am Beatmungsbeutel sofort einen Eindruck von der Resistance der Atemwege und der Compliance der Lunge.

Tubusdislokation

  • Tubus zu tief: Schlechtere Compliance, einseitiges Atemgeräusch, einseitige Thoraxbewegung.
  • Tubus nicht tief genug: Leckage trotz mehrfachem Nachblocken des Cuffs.

    Achtung: Akute Gefahr für einen Verlust des Atemwegs. Die Tubustiefe gemessen von Zahnreihe/Mundwinkel ist nicht immer hilfreich, weil der Tubus im Rachen gebogen verlaufen kann.

    Ggf. Narkose vertiefen, unter (Re-)Intubationsbereitschaft laryngoskopieren, Cuff entblocken und Tubus neu platzieren, ggf. ersetzen.

Leckage

Erkennbar durch Geräusche v.a. bei Inspiration oder durch Luftaustritt oder Blasenbildung aus dem Mund. Das Beatmungsgerät zeigt ein höheres inspiratorisches als exspiratorisches Tidalvolumen an.

Ursachen: Cuff defekt, Undichtigkeit im Schlauchsystem, Tubus disloziert (s.o.) Dem Geräusch folgen und so die Undichtigkeit aufspüren. Bei fehlendem Cuffdruck nachblocken; falls das nicht hilft, an Tubusdislokation oder defekten Cuff denken.

Atemwegsverlegung

  • Tubusverlegung durch eingedicktes Sekret: Tubusdurchgängigkeit klären durch Bronchoskopie (am besten) oder Einführen eines Bougie/Tubuswechselstab bzw. Absaugkatheter (am schnellsten). Bei nachgewiesener Tubusverlegung oder im Zweifelsfall mit neuem Tubus reintubieren.
  • Bronchusverlegung durch zähes Sekret oder Aspiration: Klinisch auffällig durch einseitiges Atemgeräusch. Schnellste Diagnostik und Therapie durch Bronchoskopie.

    Blindes tracheales Absaugen kann negativ sein, wenn Sekret, das einen Hauptbronchus verlegt, vom Absaugkatheter nicht erreicht wird. In diesem Fall kann die Instillation von 5-10 ml NaCl 0,9% das Sekret aufspülen und so dem unmittelbar anschließenden Absaugen zugänglich machen.

Pneumothorax

  • Erkennung durch einseitiges Atemgeräusch oder Thoraxbewegung (unsicher) bzw. durch Sonographie (sensitiv, aber nicht sehr spezifisch). Tastbare Krepitation durch ein Hautemphysem ist ein starker Hinweis auf einen Pneumothorax.
  • Bei Blutdruckabfall (Hinweis auf Spannungspneumothorax) notfallmäßige Entlastung durch Punktion (großlumige Venenverweilkanüle, 2. oder 3. ICR in der MCL) oder Fingerthorakostomie. Anschließend bzw. bei stabilem Blutdruck primär Anlage einer Pleuradrainage.

Dynamische Überblähung (Blutdruckabfall bei obstruktiven Patienten)

Bei obstruktiven, beatmeten Patienten kann die erschwerte Exspiration durch Airtrapping zu einer dynamischen Lungenüberblähung und damit Anstieg des intrathorakalen Drucks führen. Dieser behindert den venösen Rückstrom, was zum Blutdruckabfall führt.

Die Akuttherapie ist die Diskonnektion vom Beatmungsgerät, um eine Ausatmung zu ermöglichen. Diese kann wegen der Obstruktion lange dauern, aber dann müsste der Blutdruck rasch wieder ansteigen. Anschließend Beatmungsparameter anpassen: lange Exspirationszeit, kurze Inspiration, niedrige Beatmungsfrequenz.

Behandlung – parallel arbeiten! 

Idealerweise sollte eine Person sich auf die Atemwege konzentrieren, während die zweite einen eventuellen Pneumothorax feststellt und behandelt.

Atemweg

Wenn in der kontinuierlichen Kapnographie CO2 zurück kommt, ist der Patient beatmet. Zusätzlich muss die Position des Tubus auch durch Laryngoskopie oder Bronchoskopie überprüft werden.

Wenn eine Bronchoskopie sofort verfügbar ist, kann sie gleichzeitig die Tubusposition bestätigen und eine Obstruktion ausschließen. Andernfalls kann es sinnvoll sein, den Tubus auf Verdacht auszutauschen.

Sonographie

Die Thoraxsonographie sollte Lungengleiten beidseits zeigen. Fehlendes Lungengleiten kann auf einen Pneumothorax oder auf eine Tubusfehllage in einem Hauptbronchus hinweisen; beim Pneumothorax sieht man i.d.R. eine markante A-Linie. In beiden Fällen ist das Atemgeräusch auf der betroffenen Seite abgeschwächt, Unterscheidung ggf. auch durch Perkussion.

Eine neu aufgetretene Rechtsherzbelastung im Echo kann auf eine Lungenembolie hinweisen, aber auch andere Ursachen einer Hypoxämie können den pulmonalen Gefäßwiderstand erhöhen.

Plötzlicher Blutdruckabfall

Ein hämodynamischer Kollaps unmittelbar nach der Intubation ist häufig Folge einer unzureichenden Vorlast oder Nebenwirkung sedierender Medikamente. Die Akut-Therapie besteht in rascher Gabe von intravenöser Flüssigkeit (10 ml/kg) und/oder Adrenalin bzw. Noradrenalin in Boli von 10-20 µg.

Andere beatmungsassoziierte Gründe für Blutdruckabfall:

Darüber hinaus kommen alle anderen Ursachen der Hypotonie in Frage.

Letzte Überarbeitung: 03.12.2024