Keine aggressive Therapie, wenn kein Hinweis auf Endorganschädigung vorliegt.
i.v.-Zugang, Monitoring.
Notfalllabor, Herzenzyme bei kardialen Symptomen, Urinstatus, Albumin/Kreatinin-Quotient, ggf. Schwangerschaftstest.
12-Kanal-EKG, Röntgen-Thorax bei thorakalen Symptomen.
Evtl. arterieller Zugang.
Bei Vigilanzminderung an endotracheale Intubation denken.
Systematische Überprüfung möglicher Ursachen.
Bei Kopfschmerzen, Krampfanfällen oder anderen neurologischen Symptomen sofortige Schädel-CT (nativ).
Evtl. Echokardiographie (Aortendissektion, Pumpfunktion, Wandbewegungsstörungen).
Krankheitsspezifische, parenterale antihypertensive Therapie einleiten.
- Intrakranielle Blutung (folgt)
- Ischämischer Schlaganfall (folgt)
- Akutes, adrenerges Lungenödem
- Aortendissektion (folgt)
- Präeklampsie
- Kokain-/Amphetamintoxizität
- Hypertensive Enzephalopathie
Typische Endorganschäden durch Blutdruckkrisen
- Hypertensive Enzephalopathie, Apoplex, intrazerebrale Blutung
- Angina pectoris, Myokardinfarkt (Typ 2)
- Lungenödem
- Aortendissektion
- Akute hypertensive Nephropathie
Ein hypertensiver Notfall mit Zeichen der Endorganschädigung erfordert eine sofortige, krankheitsspezifische Senkung des Blutdrucks, um weitere Schäden zu verhindern. Der Vorteil der schnellen Blutdrucksenkung muss gegen das Risiko der Hypoperfusion v.a. im cerebralen Stromgebiet abgewogen werden.
Das Ausmaß der Endorganschädigung bestimmt die Aggressivität der Therapie.
Ursachen für hypertensive Notfälle
- Medikamentenentzug, mangelnde Compliance (häufigster Grund)
- Chronische Hypertonie, akut verschlechtert
- Präeklampsie
- Drogen (Kokain, Amphetamine, Sympathomimetika)
- Schlaganfall, intrakranielle Blutung, Kopfverletzung
- Intrakranielle Raumforderung
- Epilepsie, Postiktal
- Nierenarterienstenose
- Phäochromozytom
- Schilddrüsenerkrankung
Medikamentendosierungen
Keine Betablocker bei Bradykardie, akutem adrenergem Lungenödem, Katecholaminexzess und Kokain-/Amphetamintoxizität.
Esmolol (Wirkeintritt nach 1–2 min, Wirkdauer 10–30 min).
0.5–1 mg/kg als i.v.-Bolus, dann
25–300 µg/kg/min im Perfusor.
Metoprolol (Wirkeintritt nach 1–2 min, Wirkdauer 5–8 h).
2,5–5 mg Bolus über 2 Minuten. Je nach Wirkung alle 5 Minuten wiederholen, Maximaldosis 15 mg.
Labetalol (Österreich/Schweiz) (Wirkeintritt nach 5–10 min, Wirkdauer 3–6 h)
0.25–0.5 mg/kg i.v. Bolus, dann Perfusor mit 2–4 mg/min bis das Blutdruckziel erreicht ist, danach 5–20 mg/h.
Urapidil (Wirkeintritt nach 3–5 min, Wirkdauer 4–6 h)
12.5–25 mg als Bolus,
5–40 mg/h im Perfusor.
Nifedipin (Wirkeintritt nach 15 min, Wirkdauer 2–4 h) 5 bis 10 mg sublingual.
Cave: Schlechte Steuerbarkeit, Gefahr von unkontrolliertem Blutdruckabfall.
Nitroglycerin (Wirkeintritt nach 1–5 min, Wirkdauer 3–5 min) 0,3 bis 24 mg/h. Beginn mit 0,3 mg/h, nach Wirkung alle 5 min erhöhen.
Nitroprussid (Wirkeintritt sofort, Wirkdauer 1–2 min) 0,3–10 µg/kg/min, alle 5 min um 0,5 µg/kg/min erhöhen, bis das Blutdruckziel erreicht ist. Sehr schnelle, dosisabhängige Wirkung, arterielle Drucküberwachung!
Enalaprilat (Wirkeintritt nach 5–15 min, Wirkdauer 4–6 h), 0,625–1.25 mg i.v.
Clonidin (Wirkeintritt nach 30 min, Wirkdauer 4–6 h), 150–300 µg i.v. über 5–10 min.
Weiterlesen
- Pocket-Leitlinie "Management der Arteriellen Hypertonie" der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und Deutschen Hochdruckliga von 2018.
- Clinical Practice Guidelines for the Management of Arterial Hypertension der ESC/ESH 2018.
Präeklampsie
Indikation zur Akuttherapie bei RR >160 mmHg systolisch oder >110 mmHg diastolisch.
Ziel der Therapie ist die Vermeidung von Komplikationen bei der Mutter sowie der Entwicklung einer Eklampsie. Zu schnelle oder zu starke Blutdrucksenkung gefährdet das Kind durch Minderperfusion der Plazenta.
Antikonvulsive Therapie
Wegen des Risikos für Krampfanfälle im Rahmen der Eklampsie soll prophylaktisch Magnesium gegeben werden. Dosierung: 4 bis 6 g als KI über 15 bis 20 min, dann 1 bis 2 g/h.
Kein Diazepam, Phenytoin oder andere Antikonvulsiva!
Antihypertensive Therapie
Der MAP sollte in den ersten zwei Stunden nicht um mehr als 25% gesenkt werden. Ziel ist 140-160 mmHg systolisch und 90-110 mmHg diastolisch. Ein diastolischer Blutdruck von 80 mmHg sollte nicht unterschritten werden
Geeignete Medikamente:
- Urapidil: initial 6,25 mg langsam i.v. (2 min), danach Perfusor mit 3–24 mg/h
- Labetalol (Österreich/Schweiz): initial 50 mg langsam i.v. (1-3 min), evtl. Wiederholung nach 30 min. Perfusor: 120 mg/h
- Nifedipin (unretardiert): initial 5 mg p.o., ggf. Wiederholung nach 20 min.
-
Dihydralazin: initial 5 mg i.v. (über 2 min), danach Perfusor mit 2 - 20 mg/h oder 5 mg alle 20 min.
Achtung: Wirkeintritt nach 3-5 min, z. T. erst nach 20 min (insbesondere bei Bolusgabe beachten wegen häufig überschießender Wirkung). Zusätzlich 500 ml Kristalloide geben wegen der Gefahr eines überschießenden Blutdruckabfalls unter Dihydralazin.
ACE-Hemmer, Angiotensin-II- und direkte Reninantagonisten sind kontraindiziert. Betablocker können zur Bradykardie beim Kind führen.
Sofortige Rücksprache mit Gynäkologie/
Weiterlesen
- Leitlinie "Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen: Diagnostik und Therapie" der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe.
- NICE Guideline "Hypertension in pregnancy: diagnosis and management".
Kokain/Amphetamin-Toxizität
- Bei Unruhe, Bluthochdruck und Tachykardie zunächst Gabe von Diazepam. Dies behandelt die psychischen Nebenwirkungen, kann aber auch den Blutdruck und die Tachykardie reduzieren.
- Auch bei Krampfanfällen primär Benzodiazepine.
- Keine Neuroleptika (wie Haldol) wegen Senkung der Krampfschwelle.
- Hypertonie und Tachykardie infolge einer Kokaintoxizität erfordern nur selten eine spezifische Behandlung.
- Blutdrucksenkung bei Anzeichen einer Endorganschädigung primär mit Alphablockern, z.B. Urapidil (es wird immer Phentolamin empfohlen, das ist in Deutschland aber nicht auf dem Markt).
- Bei Hinweis auf Myokardischämie Nitrate und ASS.
- Keine Betablocker vor ausreichender Alphablockade.
Arrhythmien
- Bei breiten Kammerkomplexen oder Arrhythmien Natriumbikarbonat (1-2 mmol/kg).
- Bei SVTs am ehesten Verapamil.
- Kein Lidocain wegen der Möglichkeit, Krampfanfälle auszulösen.
- Bei nicht beherrschbaren Arrhythmien ggf. Lipidrescue (Lipidlösung 20%, 1,5 ml/kgKG als Bolus, bei Persistenz der Symptome Wiederholung des Bolus nach 5 min, anschließend kontinuierliche Infusion von 0,25 ml/kgKG/min Lipidlösung über 15 – 20 min; siehe S1-Leitlinie der DGAI).
Hyperthermie
- Engmaschige Temperaturkontrolle wegen der Gefahr einer lebensbedrohlichen Hyperthermie mit Rhabdomyolyse, Nierenschädigung und Hyperkaliämie.
- Bei Hyperthermie physikalische Kühlung und der Minimierung der körperlichen Aktivität, d.h. ggf. medikamentöse Ruhigstellung.
Weiterlesen
- Informationszentrale gegen Vergiftungen des Universitätsklinikums Bonn
- Thema "Kokain" bei den ToxDocs
Hypertensive Enzephalopathie
Klinisches Bild:
- Diastolischer Blutdruck > 110 mmHg,
- starke Kopfschmerzen, Unruhe, Erregung, Krampfanfälle,
- keine Anzeichen für Schlaganfall oder Blutung im Schädel-CT.
Achtung, die Krankheit entwickelt sich in der Regel schleichend.
- Früh: Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen,
- Später: Unruhe, Angst und Verwirrtheit.
Differentialdiagnosen sind Schlaganfälle oder die urämische Enzephalopahtie.Pathognomonische Zeichen gibt es nicht, wenn sich bei der Fundoskopie ein Papillenödem zeigt, sollte die Erkrankung als hypertensive Enzephalopathie behandelt werden.
Der MAP soll in der ersten Stunde um 10-20% gesenkt werden, in den ersten 24 Stunden insgesamt um nicht mehr als 25%. Diese langsame Blutdrucksenkung soll ischämische Ereignisse verhindern. Deshalb werden kürzer wirksame Substanzen wie Urapidil unter intensivmedizinischer Überwachung eingesetzt.
Zentral wirkende Antihypertensiva (Clonidin, Methyldopa) solten nicht verwendet werden, um eine ZNS-Depression und Bewusstseinstrübung zu vermeiden.
Evtl. MRT mit der Frage nach einem Posterioren Reversiblen Enzephalopathie-Syndrom (PRES).
Letzte Überarbeitung: 25.07.2024